убил лису – сам съел колобка.
1. In der Klinik Jaffes.
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25.03.2015 в 23:45

убил лису – сам съел колобка.
2. Reisevorbereitung.
Mittags kam ich nach Hause. Ich hatte alles erledigt und auch dem Sanatorium schon telegrafiert. »Pat«, sagte ich noch in der Tür, »kannst du bis heute abend alles gepackt haben?«
»Muß ich fort?«
»Ja«, sagte ich. »Ja, Pat.«
»Allein?«
»Nein. Wir fahren zusammen. Ich bringe dich hin.«
Ihr Gesicht bekam wieder Farbe. »Wann muß ich fertig sein?« fragte sie.
»Der Zug fährt heute abend um zehn.«
»Und gehst du jetzt noch einmal fort?«
»Nein. Ich bleibe hier, bis wir wegfahren.«
Sie atmete tief. »Dann ist es ganz einfach, Robby«, sagte sie. »Wollen wir gleich anfangen?«
»Wir haben noch Zeit.«
»Ich möchte gleich anfangen. Dann ist es fertig.«
»Gut.«
Ich verstaute die paar Sachen, die ich mitnehmen wollte, rasch und war in einer halben Stunde fertig. Dann ging ich zu Frau Zalewski hinüber und sagte ihr, daß wir abends reisen würden. Ich machte mit ihr ab, daß das Zimmer zum ersten November frei würde, wenn sie es nicht früher vermieten könnte. Sie wollte ein langes Gespräch beginnen, aber ich ging rasch wieder zurück.
Pat kniete vor ihrem Schrankkoffer, rundum hingen ihre Kleider, auf dem Bett lag Wäsche, und sie packte gerade ihre Schuhe ein. Ich erinnerte mich daran, daß sie auch so gekniet hatte, als sie in dieses Zimmer eingezogen war und ausgepackt hatte, und mir schien, als wäre das endlos lange her und doch eigentlich erst gestern gewesen. Sie sah auf. »Nimmst du das silberne Kleid auch mit?« fragte ich.
Sie nickte. »Was machen wir nur mit all den andern Sachen, Robby? Mit den Möbeln?«
»Ich habe schon mit Frau Zalewski gesprochen. Soviel ich kann, nehme ich in mein Zimmer hinüber. Das übrige geben wir einer Speditionsfirma zum Aufbewahren. Da holen wir es dann wieder ab, wenn du zurückkommst.«
»Wenn ich zurückkomme«, sagte sie.
»Ja«, erwiderte ich, »im Frühling, wenn du braun von der Sonne zurückkommst.«
Ich half ihr packen, und nachmittags, als es schon dunkel draußen wurde, waren wir fertig. Es war sonderbar: die Möbel standen alle noch am gleichen Platz, nur die Schränke und Schubladen waren geleert, und trotzdem erschien das Zimmer plötzlich kahl und traurig. Pat setzte sich auf ihr Bett. Sie sah müde aus. »Soll ich Licht machen?« fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. »Laß es noch etwas so.«
Ich setzte mich neben sie. »Willst du eine Zigarette?«
»Nein, Robby. Nur ein bißchen so sitzen.«
Ich stand auf und ging zum Fenster. Draußen brannten die Laternen unruhig im Regen. Der Wind wühlte in den Bäumen. Unten ging Rosa langsam vorüber. Ihre hohen Stiefel glänzten. Sie trug ein Paket unter dem Arm und war auf dem Wege zum International. Wahrscheinlich hatte sie ihr Strickzeug bei sich, um für ihre Kleine wollene Sachen zu stricken. Ihr folgten Fritzi und Marion, beide in neuen weißen, enganliegenden Regenmänteln, und nach einer Weile schlich Mimi, abgerissen und müde, hinter ihnen her.
Ich drehte mich um. Es war jetzt so dunkel geworden, daß ich Pat nicht mehr sehen konnte. Ich hörte sie nur atmen. Langsam und trübe begannen hinter den Bäumen des Friedhofs die Lichtreklamen emporzuklettern. Die rote Leuchtschrift der Zigarettenreklame zog wie ein buntes Ordensband über die Hausdächer dahin, die blauen und smaragdgrünen Kreise der Weinfirmen begannen zu sprühen, und die hellen Konturen der Wäschereklame leuchteten auf. Ihr Licht warf einen matten, verschwommenen Schein durch die Fenster auf die Wände und die Decke. Er wanderte hin und her, und das Zimmer erschien plötzlich wie eine verlorene, kleine Taucherglocke auf dem Grunde des Meeres, um die die Regenwellen rauschten und zu der aus weiter Ferne noch ein schwacher Abglanz der bunten Welt herabdrang.
Es war acht Uhr abends. Draußen röhrte ein Klaxon. »Das ist Gottfried mit dem Taxi«, sagte ich, »er will uns zum Essen abholen.«
Ich stand auf, ging zum Fenster und rief hinunter, daß wir kämen. Dann knipste ich die kleine Tischlampe an und ging in mein Zimmer. Es war mir verflucht fremd. Ich holte die Rumflasche und trank rasch ein Glas. Dann setzte ich mich in den Sessel und starrte auf die Tapete. Nach einer Weile stand ich wieder auf und ging zum Waschtisch, um mir die Haare zu bürsten. Ich vergaß es darüber, weil ich im Spiegel plötzlich mein Gesicht sah. Kalt und neugierig betrachtete ich es. Ich verzog die Lippen und grinste es an. Es grinste gespannt und blaß zurück. »Du«, sagte ich lautlos. Dann ging ich zu Pat zurück.
»Wollen wir los, alter Bursche?« fragte ich.
»Ja«, sagte sie, »aber ich will noch einmal in dein Zimmer gehen.«
»Warum?« erwiderte ich. »Die alte Bude...«
»Bleib du hier«, sagte sie. »Ich komme gleich wieder.«
25.03.2015 в 23:45

убил лису – сам съел колобка.
Ich wartete eine Zeitlang, dann ging ich hinüber. Sie stand in der Mitte des Zimmers und fuhr zusammen, als sie mich erblickte. Ich hatte sie noch nie so gesehen. Sie war ganz ausgelöscht. Es war nur eine Sekunde, dann lächelte sie wieder.
»Komm«, sagte sie. »Jetzt wollen wir gehen.«
An der Küche erwartete uns Frau Zalewski. Ihre grauen Löckchen wogten, und sie trug die Brosche mit dem seligen Zalewski auf dem schwarzen Seidenkleid. »Fassung!« flüsterte ich Pat zu, »sie wird dich umarmen.«
Im nächsten Moment verschwand Pat bereits an dem ungeheuren Busen. Das gewaltige Gesicht über ihr zuckte. Es handelte sich nur noch um Sekunden, und Pat wäre unabsehbar überschwemmt worden; wenn Mutter Zalewski weinte, dann standen ihre Augen unter Druck wie Syphonflaschen.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich, »wir müssen eiligst los! Es ist höchste Zeit!«
»Höchste Zeit?« Frau Zalewski maß mich mit einem vernichtenden Blick. »Der Zug geht erst in zwei Stunden! Inzwischen wollen Sie das arme Kind doch wahrscheinlich nur betrunken machen!«
Pat mußte lachen. »Nein, Frau Zalewski. Wir wollen uns noch von den andern verabschieden.«
Mutter Zalewski schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie sehen bei diesem jungen Mann in einen goldenen Topf, Fräulein Hollmann. Dabei ist er allerhöchstens eine goldene Schnapsflasche.«
»Ein schönes Bild«, sagte ich.
»Mein Kind...«, Frau Zalewski wurde wieder von Rührung gepackt. »Kommen Sie bald wieder! Ihr Zimmer ist immer für Sie da. Und wenn der Kaiser selbst darin wohnte, er müßte 'raus, wenn Sie kommen!«
»Danke schön, Frau Zalewski«, sagte Pat. »Vielen Dank für alles. Auch für das Kartenlegen. Ich werde mir alles merken.«
»Das ist schön. Und erholen Sie sich gut, und werden Sie ganz gesund!«
»Ja«, erwiderte Pat, »ich werde es versuchen. Auf Wiedersehen, Frau Zalewski. Auf Wiedersehen, Frida.«
Wir gingen. Die Korridortür klappte hinter uns zu. Im Treppenhaus war es halbdunkel; ein paar elektrische Birnen waren ausgebrannt. Pat schwieg, während sie leise und weich die Treppen hinunterstieg. Ich hatte das Gefühl, als wäre ein Urlaub zu Ende und wir gingen jetzt im grauen Morgen zum Bahnhof, um an die Front zu fahren.
Lenz öffnete die Tür zum Taxi. »Vorsicht!« sagte er.
Der Wagen war voller Rosen. Zwei riesige Büsche weißer und roter Blüten lagen auf den hinteren Sitzen. Ich erkannte sofort, woher sie kamen — aus dem Domgarten. »Die letzten«, erklärte Gottfried selbstzufrieden. »Haben eine gewisse Mühe gekostet. Mußte mit einem Pfarrer längere Zeit darüber diskutieren.«
»War das einer mit so hellen blauen Kinderaugen?« fragte ich.
»Aha, also du warst das, Bruder!« erwiderte Gottfried. »Von dir hat er mir also erzählt. Der Mann war mächtig enttäuscht, als er merkte, was es mit dem Kreuzwegbeten auf sich hatte. Er hatte schon geglaubt, die Frömmigkeit der männlichen Bevölkerung nähme wieder zu.«
»Hat er dich denn mit den Blumen so losziehen lassen?« fragte ich.
»Er ließ mit sich reden. Zuletzt hat er mir sogar geholfen zu pflücken.«
Pat lachte. »Ist das wahr?«
Gottfried schmunzelte. »Natürlich. Es sah fabelhaft aus, wie der geistliche Herr im Halbdunkel nach den höchsten Zweigen sprang. Er entwickelte direkt Sportgeist. Erzählte mir, daß er früher auf dem Gymnasium guter Fußballspieler war. Rechter Innenstürmer, glaube ich.«
»Du hast einen Pastor zum Diebstahl verleitet«, sagte ich. »Das kostet ein paar hundert Jahre Hölle. Aber wo ist Otto?«
»Der ist schon bei Alfons. Wir gehen doch zu Alfons essen?«
»Ja, natürlich«, sagte Pat.
»Also los!«
Es gab bei Alfons gespickten Hasen mit Rotkohl und geschmorten Äpfeln. Hinterher spielte er zum Abschluß auf seinem Grammophon einen Chor der Donkosaken. Es war ein sehr leises Lied, bei dem der Chor nur gedämpft wie eine ferne Orgel brummte, während eine einsame, klare Stimme darüber schwebte. Mir schien, als ginge lautlos die Tür auf und ein alter, müder Mann träte herein, setzte sich schweigend an einen Tisch und lauschte dem Lied seiner Jugend.
»Kinder«, sagte Alfons, als der Chor immer leiser und leiser geworden war, bis er schließlich wie ein Seufzer verhauchte, »Kinder, wißt ihr, woran ich immer denken muß, wenn ich das höre? An Ypern 1917, Gottfried, damals im März, an den einen Abend mit Bertelsmann...«
»Ja«, sagte Lenz, »ich weiß es noch, Alfons. Es war der Abend mit den Kirschbäumen...«
Alfons nickte.
Köster stand auf. »Ich glaube, es wird Zeit.« Er sah nach der Uhr.
»Ja, wir müssen los.«
»Noch einen Kognak«, sagte Alfons. »Von dem echten Napoleon! Habe ihn doch extra für euch mitgebracht!«
Wir tranken den Kognak, dann brachen wir auf.
»Auf Wiedersehen, Alfons!« sagte Pat. »Ich bin immer so gern hier gewesen.« Sie gab ihm die Hand.
Alfons wurde rot. Er hielt ihre Hand fest zwischen seinen beiden Pranken. »Also, wenn mal was ist — einfach nur Bescheid geben.« Er sah sie äußerst verlegen an. »Sie gehören ja jetzt dazu. Hätte nie gedacht, daß eine Frau mal dazugehören könnte.«
»Danke«, sagte Pat, »danke, Alfons. Sie hätten mir nichts Schöneres sagen können! Auf Wiedersehen und alles Gute!«
»Auf Wiedersehen! Bald!«
Köster und Lenz brachten uns zur Bahn. Vor unserm Hause hielten wir einen Augenblick, und ich holte den Hund herunter. Die Koffer hatte Jupp schon zum Bahnhof gebracht.
Wir kamen gerade rechtzeitig an. Kaum waren wir eingestiegen, da fuhr der Zug schon los. Als die Lokomotive anzog, griff Gottfried in die Tasche und reichte mir eine eingewickelte Flasche hinauf. »Hier, Robby, nimm das mal. So was kann man unterwegs immer gebrauchen.«
»Danke«, sagte ich, »trinkt sie heute abend selbst, Kinder. Ich habe schon was bei mir.«
»Nimm sie«, erwiderte Lenz, »man kann nie genug davon haben!« Er ging neben dem fahrenden Zug her und warf mir die Flasche zu. »Auf Wiedersehen, Pat!« rief er. »Wenn wir hier pleite sind, kommen wir alle zu Ihnen hinauf. Otto als Skiläufer, ich als Tanzlehrer, Robby als Klavierspieler. Dann bilden wir eine Truppe mit Ihnen und ziehen von Hotel zu Hotel!«
25.03.2015 в 23:45

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3. Die Abreise ins Sanatorium.
Sie war sehr blaß, und ihre Augen glänzten feucht. Ich nahm sie in den Arm. »Komm«, sagte ich, »jetzt trinken wir was. Du hast dich großartig gehalten.«
»Mir ist aber gar nicht großartig zumute«, erwiderte sie mit einem Versuch zu lächeln.
»Mir auch nicht«, sagte ich. »Deshalb wollen wir ja was trinken.«
Ich machte die Flasche auf und gab ihr einen Becher Kognak. »Gut?« fragte ich.
Sie nickte und lehnte sich an meine Schulter. »Ach, Liebling, was soll das alles werden?«
»Du mußt nicht weinen«, sagte ich. »Ich war so stolz, daß du nicht geweint hast, den ganzen Tag.«
»Ich weine ja gar nicht«, erwiderte sie und schüttelte den Kopf, und die Tränen liefen ihr über das schmale Gesicht.
»Komm, trink noch etwas«, sagte ich und hielt sie fest. »Es ist nur immer der erste Moment, dann wird es schon besser.«
Sie nickte. »Ja, Robby. Du mußt dich auch gar nicht darum kümmern. Es ist gleich vorbei, und es ist besser, wenn du es gar nicht siehst. Laß mich nur ein paar Minuten hier allein sitzen, dann werde ich schon damit fertig.«
»Warum denn? Du warst den ganzen Tag so tapfer, da kannst du jetzt ruhig so viel weinen, wie du willst.«
»Ich war gar nicht tapfer. Du hast es nur nicht gemerkt.«
»Vielleicht«, sagte ich, »aber das war es dann gerade.«
Sie versuchte zu lächeln. »Warum denn eigentlich, Robby?«
»Weil man sich nicht ergibt.« Ich strich ihr über das Haar. »Solange man sich nicht ergibt, ist man mehr als das Schicksal.«
»Bei mir ist es kein Mut, Liebling«, murmelte sie. »Bei mir ist es einfach nur Angst. Jämmerliche Angst vor der großen, letzten Angst.«
»Das ist alles Mut, Pat.«
Sie lehnte sich an mich. »Ach, Robby, du weißt ja gar nicht, was Angst ist.«
»Doch«, sagte ich.
Die Tür ging auf. Der Schaffner verlangte die Fahrkarten.
Ich gab sie ihm. »Ist die Schlafwagenkarte für die Dame?« fragte er.
Ich nickte.
»Dann müssen Sie in den Schlafwagen gehen«, sagte er zu Pat. »Die Karte gilt nicht für die übrigen Abteile.«
»Gut.«
»Und der Hund muß in den Packwagen«, erklärte er. »Das Hundeabteil ist im Packwagen.«
»Schön«, sagte ich. »Wo ist denn der Schlafwagen?«
»Rechts der dritte Wagen. Der Packwagen ist ganz vorn.«
Er ging. Auf seiner Brust baumelte eine kleine Laterne.
Das sah aus, als ginge er durch die Schächte eines Bergwerks.

»Dann wollen wir mal umziehen, Pat«, sagte ich. »Billy schmuggle ich schon zu dir 'rein. Der hat im Packwagen nichts zu suchen.«
Ich hatte für mich keinen Schlafwagenplatz genommen. Es machte mir nichts, in einer Abteilecke die Nacht zu verbringen. Außerdem war es billiger.
Jupp hatte Pats Gepäck schon in den Schlafwagen gebracht. Das Abteil war ein hübscher, kleiner, mit Mahagoniholz getäfelter Raum. Pat hatte das untere Bett. Ich fragte den Schaffner, ob auch das obere belegt sei.
»Ja«, sagte er, »ab Frankfurt.«
»Wann sind wir in Frankfurt?«
»Um halb drei.«
Ich gab ihm ein Trinkgeld, und er ging in seine Wagenecke zurück.
»In einer halben Stunde bin ich mit dem Hund wieder bei dir«, sagte ich zu Pat.
»Aber das geht doch nicht; der Schaffner bleibt ja im Wagen.«
»Es geht schon. Schließ nur deine Tür nicht ab.«
Ich ging zurück, an dem Schaffner vorbei, der mich ansah. Auf der nächsten Station stieg ich mit dem Hund aus und ging über den Bahnsteig am Schlafwagen vorbei bis zum nächsten Wagen. Hier wartete ich, bis der Schaffner ausstieg, um mit dem Zugführer zu schwätzen. Dann stieg ich wieder ein, ging durch den Wagen bis zu den Schlafwagenabteilen und kam zu Pat, ohne daß mich jemand gesehen hatte. Sie trug einen weichen weißen Mantel und sah wunderschön aus. Ihre Augen glänzten. »Ich bin jetzt ganz darüber weg, Robby«, sagte sie.
»Das ist gut. Aber willst du dich nicht zu Bett legen? Es ist mächtig knapp hier. Ich setze mich dann zu dir.«
»Ja, aber...«, sie zögerte und zeigte auf das obere Bett. »Wenn nun die Vorsteherin des Vereins für gefallene Mädchen plötzlich in der Tür steht...«
»Bis Frankfurt ist's noch lange«, sagte ich. »Ich passe schon auf. Ich schlafe nicht ein.«
Kurz vor Frankfurt ging ich in mein Abteil zurück. Ich setzte mich in die Fensterecke und versuchte zu schlafen. Aber in Frankfurt stieg ein Mann mit einem Seehundsbart ein, der sofort einen Koffer auspackte und zu essen begann. Er aß so intensiv, daß ich nicht zum Schlafen kam. Die Mahlzeit dauerte fast eine Stunde. Dann wischte der Seehund sich den Bart, legte sich lang und begann ein Konzert, wie ich es nie vorher gehört hatte. Es war kein einfaches Schnarchen; es war ein heulendes Seufzen, unterbrochen von stoßweisem Stöhnen und langgezogenem Blubbern. Ich konnte kein System darin entdecken, so vielfältig war es. Zum Glück stieg der Mann um halb sechs Uhr aus.
Als ich aufwachte, war draußen alles weiß. Es schneite in großen Flocken, und das Abteil war in ein seltsam unwirkliches Zwielicht getaucht. Wir fuhren schon durchs Gebirge. Es war fast neun Uhr. Ich dehnte mich und ging mich waschen und rasieren. Als ich zurückkam, stand Pat im Abteil. Sie sah frisch aus. »Hast du gut geschlafen?« fragte ich.
Sie nickte.
»Und wie war die alte Spiritistin in deinem Abteil?«
»Jung und hübsch. Sie heißt Helga Guttmann und fährt ins selbe Sanatorium wie ich.«
»Tatsächlich?«
»Ja, Robby. Aber du hast schlecht geschlafen, das sieht man. Du mußt ein ordentliches Frühstück haben.«
»Kaffee«, sagte ich. »Kaffee mit etwas Kirsch.«
Wir gingen zum Speisewagen. Ich war plötzlich guter Stimmung. Es schien alles nicht mehr so schlimm wie am Abend vorher.
Helga Guttmann saß schon da. Sie war ein schlankes, lebhaftes Mädchen von südlichem Typ. »Merkwürdig«, sagte ich, »daß sich das so getroffen hat mit demselben Sanatorium.«
»Gar nicht so merkwürdig«, erwiderte sie.
Ich sah sie an. Sie lachte. »Um diese Zeit sammeln sich doch die Zugvögel alle wieder. Drüben...«, sie zeigte in die Ecke des Speisewagens, »der ganze Tisch dort fährt auch hin.«
»Woher wissen Sie das?« fragte ich.
»Ich kenne sie alle vom vorigen Jahr. Da oben kennt doch jeder den andern.«
Der Kellner kam und brachte den Kaffee. »Bringen Sie mir noch einen großen Kirsch dazu«, sagte ich. Ich mußte etwas trinken. Es war auf einmal alles so einfach. Da saßen Leute und fuhren zum Sanatorium, zum zweitenmal sogar, und es schien ihnen nicht viel mehr als eine Spazierfahrt zu sein. Es war dumm, so viel Angst zu haben. Pat würde zurückkommen, wie alle diese Leute zurückgekommen waren. Ich dachte nicht daran, daß alle diese Leute jetzt auch wieder hinfuhren — es war genug zu wissen, daß man zurückkam und wieder ein ganzes Jahr vor sich hatte. In einem Jahr konnte viel passieren. Unsere Vergangenheit hatte uns gelehrt, kurzfristig zu denken.
25.03.2015 в 23:46

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4. Die Ankunft im Sanatorium.
Ein Gepäckträger trat zu uns heran.
»Welches Hotel?« fragte er.
»Sanatorium Waldfrieden«, erwiderte ich.
Er nickte und winkte einem Kutscher. Die beiden verstauten die Koffer in einem hellblauen Schlitten, der mit zwei Schimmeln bespannt war. Die Pferde hatten bunte Federbüschel auf den Köpfen, und der Dampf ihres Atems umwehte ihre Mäuler wie perlmutterfarbenes Gewölk.
Wir stiegen ein. »Wollen Sie zur Drahtseilbahn oder mit dem Schlitten 'rauf?« fragte der Kutscher.
»Wie weit ist es mit dem Schlitten?«
»Eine halbe Stunde.«
»Dann mit dem Schlitten.«
Der Kutscher schnalzte mit der Zunge, und wir fuhren los. Es ging aus dem Dorf hinaus und dann in Kehren aufwärts. Das Sanatorium lag auf einer Anhöhe über dem Dorf. Es war ein langgestrecktes Gebäude mit langen Fensterreihen. Vor jedem Fenster befand sich ein Balkon. Auf dem Dache wehte eine Fahne im schwachen Wind. Ich hatte erwartet, es wäre wie ein Krankenhaus eingerichtet; aber es glich, wenigstens im unteren Stock, viel mehr einem Hotel. In der Halle brannte ein Kamin, und eine Anzahl kleiner Tische war mit Teegeschirr gedeckt.
Wir meldeten uns im Büro. Ein Hausdiener holte unser Gepäck herein, und eine ältere Dame erklärte uns, daß Pat Zimmer neunundsiebzig habe. Ich fragte, ob ich für ein paar Tage ebenfalls ein Zimmer haben könne. Sie schüttelte den Kopf. »Nicht im Sanatorium. Wohl aber in der Dependance.«
»Wo ist die Dependance?«
»Gleich nebenan.«
»Gut«, sagte ich, »dann geben Sie mir dort ein Zimmer und lassen Sie mein Gepäck hinüberbringen.«
Wir fuhren in einem völlig geräuschlosen Lift zum zweiten Stock hinauf. Oben sah es allerdings mehr nach Krankenhaus aus. Nach einem sehr komfortablen Krankenhaus zwar, aber immerhin nach Krankenhaus. Weiße Gänge, weiße Türen, alles blitzend von Glas, Nickel und Sauberkeit. Eine Oberschwester nahm uns in Empfang.
»Fräulein Hollmann?«
»Ja«, sagte Pat, »Zimmer neunundsiebzig, nicht wahr?«
Die Oberschwester nickte, ging voran und öffnete eine Tür.
»Hier ist Ihr Zimmer.«
Es war ein heller, mittelgroßer Raum, in den durch ein breites Fenster die Abendsonne schien. Auf dem Tisch stand ein Strauß gelber und roter Astern, und draußen lagen die beglänzten Schneefelder, in die sich das Dorf wie eine große, weiche Decke schmiegte.
»Gefällt es dir?« fragte ich Pat.
Sie sah mich einen Augenblick an. »Ja«, sagte sie dann.
Der Hausknecht brachte die Koffer. »Wann muß ich zur Untersuchung?« fragte Pat die Schwester.
»Morgen vormittag. Heute abend gehen Sie am besten früh schlafen, damit Sie ausgeruht sind.«
Pat zog ihren Mantel aus und legte ihn auf das weiße Bett, über dem eine neue Fiebertafel angebracht war. »Ist kein Telefon im Zimmer?« fragte ich.
»Es ist ein Anschluß da«, sagte die Schwester. »Man kann ein Telefon hereinstellen.«
»Muß ich noch irgend etwas tun?« fragte Pat.
Die Schwester schüttelte den Kopf. »Heute nicht. Erst morgen nach der Untersuchung wird alles festgelegt. Die Untersuchung ist um zehn. Ich hole Sie ab.«
»Danke, Schwester«, sagte Pat.
Die Schwester ging. Der Hausknecht wartete noch an der Tür. Ich gab ihm ein Trinkgeld, und er ging auch. Es wurde plötzlich sehr still im Zimmer. Pat stand am Fenster und sah hinaus. Ihr Kopf war ganz dunkel vor dem Glänzen draußen.
»Bist du müde?« fragte ich.
Sie drehte sich um. »Nein.«
»Du siehst so aus«, sagte ich.
»Ich bin anders müde, Robby. Aber dafür habe ich immer noch Zeit.«
»Willst du dich umziehen?« fragte ich. »Oder wollen wir erst noch eine Stunde 'runtergehen? Ich denke, es ist besser, wir gehen erst noch einmal 'runter.«
»Ja«, sagte sie. »Es ist besser.«
Wir fuhren mit dem lautlosen Lift abwärts und setzten uns an einen der kleinen Tische in der Halle. Nach einer Weile kam Helga Guttmann mit ihren Freunden. Sie setzten sich zu uns. Helga Guttmann war aufgeregt und von einer etwas überhitzten Lustigkeit, aber ich war froh, daß sie da war und daß Pat schon ein paar Bekannte hatte. Es war immer schwer, über den ersten Tag hinwegzukommen.
25.03.2015 в 23:48

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5. Roberts Rückkehr aus dem Sanatorium.
Eine Woche später fuhr ich zurück. Vom Bahnhof ging ich gleich zur Werkstatt. Es war Abend, als ich ankam, es regnete noch immer, und mir schien, als wäre es ein Jahr her, seit ich mit Pat abgefahren war.
Köster und Lenz saßen im Büro. »Du kommst gerade recht«, sagte Gottfried.
»Was ist denn los?« fragte ich.
»Laß ihn erst mal 'reinkommen«, sagte Köster.
Ich setzte mich zu ihnen. »Wie geht es Pat?« fragte Otto.
»Gut. So gut es eben kann. Aber nun sagt mir schon, was hier los ist.«
Es handelte sich um den Stutz. Wir hatten ihn repariert und vor vierzehn Tagen abgeliefert. Nun war Köster gestern hingegangen, um das Geld abzuholen. Inzwischen aber hatte der Mann, dem der Wagen gehörte, Pleite gemacht, und der Wagen war in die Konkursmasse gekommen.
»Das ist doch nicht schlimm«, sagte ich. »Wir haben ja nur mit der Versicherung zu tun.«
»Haben wir auch gedacht«, erklärte Lenz trocken. »Der Wagen ist aber nicht versichert.«
»Verdammt! Ist das wahr, Otto?«
Köster nickte. »Habe es heute erst erfahren.«
»Dafür haben wir diesen Bruder wie barmherzige Schwestern behandelt und uns um die Klamotte noch geprügelt«, knurrte Lenz. »Damit wir jetzt mit viertausend Mark in der Luft hängen.«
»Wer kann so was ahnen!« sagte ich.
Lenz fing an zu lachen. »Es ist zu blödsinnig!«
»Was machen wir nun, Otto?« fragte ich.
»Ich habe unsere Forderung beim Konkursverwalter angemeldet. Aber ich fürchte, es wird nicht viel dabei herauskommen.«
»Wir machen die Bude zu, das wird dabei herauskommen«, sagte Gottfried. »Das Finanzamt ist auch schon rebellisch wegen der Steuern.«
»Möglich«, gab Köster zu.
Lenz erhob sich. »Gleichmut und gute Haltung in schwierigen Situationen zieren den Soldaten.« Er ging zum Schrank und holte den Kognak.
»Bei dem Kognak können wir sogar heroische Haltung haben«, sagte ich. »Wenn ich nicht irre, ist das unsere letzte gute Flasche.«
»Heroische Haltung, Knabe«, erwiderte Lenz verweisend, »ist was für schwere Zeiten. Wir aber leben in verzweifelten Zeiten. Da ist die einzige anständige Haltung der Humor.« Er trank sein Glas aus. »So, und jetzt werde ich mal unsere alte Rosinante besteigen und etwas Kleingeld zusammenfahren.«
Er ging über den dunklen Hof und fuhr mit dem Taxi los. Köster und ich blieben noch eine Weile sitzen. »Pech, Otto«, sagte ich. »Wir haben verdammt viel Pech in der letzten Zeit.«
»Ich habe mir angewöhnt, nicht mehr nachzudenken, als unbedingt nötig ist«, erwiderte Köster. »Das ist immer noch genug. Wie war's oben?«
»Wenn diese Krankheit nicht wäre, ein Paradies. Schnee und Sonne.«
Er hob den Kopf. »Schnee und Sonne. Klingt ein bißchen unwahrscheinlich, was?« »Ja. Verflucht unwahrscheinlich. Da oben ist alles unwahrscheinlich.«
Er sah mich an. »Was hast du heute abend vor?«
Ich zuckte die Achseln. »Werde erst mal meinen Koffer nach Hause bringen.«
»Ich muß noch auf eine Stunde weg. Kommst du nachher in die Bar?«
»Auf jeden Fall«, sagte ich. »Was soll ich sonst machen?«
Ich holte meinen Koffer vom Bahnhof und brachte ihn nach Hause. Ich öffnete die Tür, so leise ich konnte, denn ich hatte keine Lust, mit irgend jemand zu reden. Es gelang mir durchzukommen, ohne Frau Zalewski in die Hände zu fallen. Eine Weile blieb ich in meinem Zimmer sitzen. Auf dem Tisch lagen Briefe und Zeitungen. Die Briefe waren lauter Drucksachen. Ich hatte niemand, der mir schrieb. Jetzt würde ich jemand haben, dachte ich.
Nach einiger Zeit stand ich auf, wusch mich und zog mich um. Meinen Koffer packte ich nicht aus; ich wollte nachher, wenn ich allein nach Hause kam, noch etwas zu tun haben. Ich ging auch nicht in Pats Zimmer, obschon ich wußte, daß niemand da wohnte. Leise schlich ich mich über den Korridor und atmete auf, als ich draußen war.
25.03.2015 в 23:50

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6. Robert im „International“.
Ich ging ins Café International, um da etwas zu essen. Der Kellner Alois begrüßte mich an der Tür. »Auch mal wieder da?«
»Ja«, sagte ich. »Schließlich kommt man ja immer mal wieder zurück.«
Rosa saß mit den andern Mädchen um einen großen Tisch herum. Sie waren fast alle da; es war die Zeit zwischen dem ersten und zweiten Patrouillengang. »Mein Gott, Robert!« sagte Rosa. »Ein seltener Gast.«
»Frag mich nicht soviel«, sagte ich. »Hauptsache, daß ich wieder da bin.«
»Wieso? Kommst du denn jetzt öfter?«
»Wahrscheinlich.«
»Mach dir nichts draus«, sagte sie und sah mich an. »Es geht alles vorüber.«
»Stimmt«, sagte ich. »Das ist die sicherste Wahrheit, die es auf der Welt gibt.«
»Klar«, erwiderte Rosa. »Lilly kann auch ein Lied davon singen.«
»Lilly?« Ich sah sie jetzt erst neben Rosa sitzen. »Was machst du denn hier? Du bist doch verheiratet und solltest zu Hause sitzen in deinem Installationsgeschäft.«
Lilly antwortete nicht. »Installationsgeschäft«, sagte Rosa höhnisch.
»Als sie ihr Geld noch hatte, war alles in Butter, Lilly hier und Lilly da, es machte alles nichts, was früher gewesen war. Genau ein halbes Jahr hat die Herrlichkeit gedauert! Als der letzte Pfennig aus ihr 'rausgeholt war, konnte der feine Herr, der er mit ihrem Gelde geworden war, auf einmal keine Hure als Frau mehr brauchen.« Sie schnaufte. »Hat natürlich plötzlich von nichts was gewußt! War maßlos überrascht über ihre Vergangenheit! So maßlos, daß es einen Scheidungsgrund abgab. Aber das Geld ist natürlich weg.«
»Wieviel war's denn?« fragte ich.
»Viertausend Mark, keine Kleinigkeit! Was meinst du, mit wieviel Schweinehunden sie dafür hat schlafen müssen!«
»Viertausend Mark«, sagte ich. »Schon wieder. Scheint heute in der Luft zu liegen.«
Rosa sah mich verständnislos an. »Spiel lieber etwas«, sagte sie, »damit wir eine andere Stimmung kriegen.«
»Schön — wo wir jetzt alle wieder hier sind.«
Ich setzte mich ans Klavier und spielte ein paar Schlager. Während ich spielte, dachte ich daran, daß Pats Geld nur ungefähr bis Ende Januar für das Sanatorium reichen würde und daß ich mehr verdienen müßte als bisher. Ich schlug mechanisch auf die Tasten los und sah neben mir im Sofa Rosa hingerissen lauschen und daneben das blasse, von einer ungeheuren Enttäuschung völlig versteinerte Gesicht Lillys, kälter und lebloser, als wenn es tot gewesen wäre.
Ein Schrei weckte mich aus meinem Dahinbrüten. Rosa war aus ihren Träumen aufgefahren. Sie stand hinter dem Tisch, der Hut war schief gerutscht, die Augen waren weit aufgerissen, und langsam, ohne daß sie es merkte, lief der Kaffee aus ihrer umgeworfenen Tasse den Tisch herunter in ihre aufgeklappte Handtasche. »Arthur!« stammelte sie, »Arthur, bist du's wirklich?«
Ich hörte auf zu spielen. Ein Mann war eingetreten, hager, mit schlenkrigen Bewegungen, eine Melone weit hinten auf dem Kopf. Er hatte eine gelbe, ungesunde Gesichtsfarbe, eine große Nase und einen zu kleinen, eiförmigen Kopf.
»Arthur«, stammelte Rosa immer noch. »Du?«
»Na, wer sonst?« knurrte Arthur.
»Mein Gott, wo kommst du her?«
»Wo soll ich denn herkommen? Von der Straße durch die Tür.«
Arthur war dafür, daß er nach so langer Zeit heimkehrte, nicht besonders liebenswürdig. Ich betrachtete ihn neugierig. Das also war das sagenhafte Idol Rosas, der Vater ihres Kindes. Er sah aus, als käme er frisch aus dem Gefängnis. Ich konnte gar nichts an ihm entdecken, was einen Anhaltspunkt für Rosas Affenliebe gegeben hätte. Aber vielleicht war es das gerade. Es war sonderbar, auf was diese diamantharten Männerkennerinnen hereinfielen.
Arthur griff, ohne jemand zu fragen, nach einem vollen Glas Bier, das in der Nähe Rosas auf dem Tisch stand, und trank es aus. Der Adamsapfel seines dünnen, sehnigen Halses stieg dabei wie ein Fahrstuhl hinauf und herunter. Rosa schaute ihm strahlend zu.
»Willst du noch eins?« fragte sie.
»Natürlich«, brummte Arthur. »Aber größer.«
»Alois!« Rosa winkte glücklich dem Kellner. »Er will noch ein Bier!«
»Seh' ich«, erklärte Alois ungerührt und zapfte ab.
»Und das Kleine! Arthur, du hast Klein-Elvira ja noch gar nicht gesehen!«
»Du!« Arthur wurde zum erstenmal lebhafter. Er hob die Hand abwehrend in Brusthöhe. »Damit meckere mich nicht an! Das geht mich nischt an! Ich wollte dir den Balg wegmachen lassen. Wär' auch weggekommen, wenn ich nicht...« Er versank in trübes Nachsinnen. »Jetzt kostet der natürlich und kostet.«
»Ist nicht so schlimm, Arthur. Und dann ist's ein Mädchen.«
»Kostet auch«, sagte Arthur und goß das zweite Bier hinter den Kragen. »Vielleicht findet man mal so ein verrücktes, reiches Weib, das es als Kind annimmt. Gegen 'ne anständige Abfindung natürlich. Wäre das einzige.«
Er erwachte aus seinen Überlegungen. »Hast du cash bei dir?«
Rosa holte dienstfertig ihre kaffeebeschmierte Handtasche hervor.
»Fünf Mark nur, Arthur, ich konnte ja nicht ahnen, daß du kommst, aber zu Hause hab' ich mehr.«
Arthur ließ das Silber wie ein Pascha in die Westentasche gleiten.
»Kannst auch nichts verdienen, wenn du hier mit dem Hintern im Sofa sitzt«, murrte er mißmutig.
»Ich geh' ja schon, Arthur. Aber jetzt ist doch nicht viel los. Abendbrotzeit.«
»Kleinvieh macht auch Mist«, erklärte Arthur.
»Ich geh' schon.«
»Na...«, Arthur tippte an die Melone. »Ich komme so um zwölf wieder vorbei.«
Er stakste mit seinen schlenkrigen Bewegungen davon. Rosa blickte ihm selig nach. Er sah sich nicht um und ließ die Tür hinter sich offen. »Kamel«, fluchte Alois und schloß die Tür.
Rosa schaute uns stolz an. »Ist er nicht fabelhaft? Den kriegt nichts weich. Wo er wohl die ganze Zeit gesteckt haben mag?«
»Das siehst du doch an der Haut«, erwiderte Wally. »In Nummer Sicher. Ein Ekel mit Eichenlaub und Schwertern!«
»Du kennst ihn nicht...«
»Hab' schon genug«, sagte Wally.
»Das verstehst du nicht.« Rosa stand auf. »Ein richtiger Mann ist das. Nicht so ein Tränenbruder. Na, dann will ich mal los. Servus, Kinder!«
Verjüngt und beschwingt schaukelte sie hinaus. Jetzt war wieder einer da, dem sie ihr Geld abliefern durfte, damit er es versoff und sie hinterher verprügelte. Sie war glücklich.
Eine halbe Stunde später gingen auch die andern. Nur Lilly blieb mit ihrem steinernen Gesicht sitzen. Ich klimperte noch etwas auf dem Klavier herum, dann aß ich ein Butterbrot und verschwand ebenfalls. Es war nicht lange auszuhalten, so allein mit Lilly.
25.03.2015 в 23:54

убил лису – сам съел колобка.
7. Orlows Schicksal.
Als ich wieder fortging, traf ich Orlow an der Tür. Er trug einen Smoking unter dem offenen Mantel und wollte in sein Hotel zum Tanzdienst. Ich fragte ihn, ob er von Frau Hasse inzwischen was gehört hätte.
»Nein«, sagte er. »Sie ist noch nicht wieder dagewesen.
Auch auf der Polizei war sie nicht. Ist auch besser, wenn sie nicht wiederkommt.«
Wir gingen zusammen die Straße entlang. An der Ecke stand ein Lastauto mit Kohlensäcken. Der Chauffeur hatte die Kühlerhaube hochgeklappt und arbeitete am Motor herum. Dann kletterte er auf seinen Sitz. Gerade als wir vorüberkamen, ließ er den Motor an und gab kräftig im Leerlauf Gas. Orlow zuckte zusammen. Ich sah ihn an. Er war schneeweiß geworden. »Sind Sie krank?« fragte ich. Er lächelte mit blassen Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein — aber ich erschrecke manchmal, wenn ich das da unvermutet höre. Als mein Vater in Rußland erschossen wurde, ließ man draußen auch den Motor eines Lastautos laufen, damit man die Schüsse nicht so hörte. — Wir hörten sie trotzdem.«
Er lächelte wieder, als müsse er sich entschuldigen. »Bei meiner Mutter machte man nicht so viele Umstände. Man erschoß sie frühmorgens in einem Keller. Mein Bruder und ich konnten dann nachts fliehen. Wir hatten noch Diamanten. Aber mein Bruder erfror unterwegs.«
»Weshalb wurden Ihre Eltern erschossen?« fragte ich.
»Mein Vater war vor dem Kriege Kommandeur eines Kosakenregiments, das einen Aufstand unterdrücken half. Er wußte, daß es so kommen würde. Er fand es, wie man so sagt, ganz in Ordnung. Meine Mutter nicht.«
»Und Sie?«
Er machte eine müde, wegwischende Bewegung. »Es ist so viel geschehen seitdem.«
»Ja«, sagte ich, »das ist es. Mehr als man verarbeiten kann.«
Wir waren vor dem Hotel angekommen, in dem er arbeitete. Eine Dame stieg gerade aus einem Buick und stürzte mit freudigem Geschrei auf ihn zu. Sie war ziemlich dick und elegant und hatte das verwaschene Gesicht einer vierzigjährigen Blondine, die nie Sorgen und Gedanken gekannt hat. »Entschuldigen Sie«, sagte Orlow mit einem kaum merkbaren Blick, »das Geschäft...«
Er verbeugte sich vor der Blondine und küßte ihr die Hand.
25.03.2015 в 23:54

убил лису – сам съел колобка.
8. Roberts Autofahrt.
Um zwei Uhr brachen wir auf. Lenz brachte Valentin und Ferdinand mit dem Taxi nach Hause. »Komm«, sagte Köster zu mir und ließ Karls Motor an.
»Ich kann die paar Schritte schon zu Fuß gehen, Otto.«
Er sah mich an. »Wir fahren noch etwas 'raus.«
»Gut.« Ich stieg ein.
»Fahr du«, sagte Köster.
»Unsinn, Otto. Ich kann nicht fahren, ich bin betrunken.«
»Fahr schon! Auf meine Verantwortung.«
»Du wirst es sehen«, sagte ich und setzte mich ans Steuer.
Der Motor röhrte. Das Steuerrad zitterte in meiner Hand. Die Straßen schaukelten an mir vorüber, die Häuser schwankten, und die Laternen standen schräg im Regen. »Es geht nicht, Otto«, sagte ich. »Ich haue irgendwo gegen.«
»Hau dagegen«, erwiderte er.
Ich sah ihn an. Sein Gesicht war klar, gespannt und beherrscht. Er blickte auf die Straße vor uns. Ich drückte den Rücken gegen die Sitzlehne und faßte das Steuerrad fester. Ich biß die Zähne aufeinander und kniff die Augen zusammen. Langsam wurde die Straße deutlicher.
»Wohin, Otto?« fragte ich.
»Weiter 'raus.«
Wir erreichten die Ausfallstraße, die aus der Stadt führte, und kamen auf die Chaussee. »Große Scheinwerfer«, sagte Köster.
Die Betonstraße leuchtete hellgrau vor uns auf. Es regnete nur noch wenig, aber die Tropfen schlugen mir wie Hagelkörner ins Gesicht. Der Wind kam in schweren Stößen, die Wolken hingen niedrig, dicht über dem Walde waren sie zerrissen und Silber tropfte hindurch. Der Nebel hinter meinen Augen verflog. Das Brausen des Motors schlug durch meine Arme in meinen Körper. Ich spürte die Maschine und ihre Kraft. Die Explosionen der Zylinder erschütterten die dumpfe Starrheit meines Schädels. Die Kolben hämmerten wie Pumpen durch mein Blut. Ich griff zu. Der Wagen schoß die Landstraße entlang.
»Schneller«, sagte Köster.
Die Reifen begannen zu pfeifen. Bäume und Telegrafenstangen flogen surrend vorüber. Ein Dorf polterte vorbei. Ich war jetzt ganz klar.
»Mehr Gas«, sagte Köster.
»Kann ich ihn dann noch halten? Die Straße ist naß.«
»Wirst es schon merken. Vor den Kurven umschalten auf den dritten Gang und mit Gas herum.«
Der Motor brüllte auf. Die Luft knallte gegen mein Gesicht. Ich duckte mich hinter die Windschutzscheibe. Und plötzlich rutschte ich in das Donnern der Maschine hinein, Wagen und Körper wurden eins, eine einzige Spannung, ein hohes Vibrieren, ich fühlte die Räder unter meinen Füßen, ich fühlte den Boden, die Straße, die Geschwindigkeit, mit einem Ruck schob sich etwas zurecht, die Nacht heulte und sauste, sie schlug alles andere aus mir heraus, die Lippen preßten sich aufeinander, die Hände wurden Klammern, ich war nur noch Fahren und Rasen, besinnungslos gleichzeitig und mit höchster Aufmerksamkeit.
In einer Kurve schleuderte der Wagen hinten weg. Ich steuerte gegen, einmal, zweimal und gab Gas. Einen Augenblick war alles lose wie ein Luftballon, dann fing sich der Wagen wieder.
»Gut«, sagte Köster.
»Es war nasses Laub«, erwiderte ich und spürte die Wärme und Gelöstheit, die nach jeder Gefahr über die Haut strömt.
Köster nickte. »Das ist das Verfluchte bei Waldkurven im Herbst. Willst du eine Zigarette?«
»Ja«, sagte ich.
Wir hielten an und rauchten. »Können jetzt umkehren«, sagte Köster dann.
Ich fuhr in die Stadt zurück und stieg aus. »War gut, daß wir gefahren sind, Otto. Bin jetzt drüber weg.«
»Ich zeige dir nächstens mal eine andere Kurventechnik«, sagte er. »'rumwerfen mit der Bremse. Kann man aber nur machen, wenn die Straßen trockener sind.«
»Schön, Otto. Schlaf gut.«
»Schlaf gut, Robby.«
Karl fegte los. Ich ging ins Haus. Ich war sehr erschöpft, aber ganz ruhig und nicht mehr traurig.

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